Mittwoch, 13. August 2025

Schaufrömmigkeit - "Im Blick leben"

 „Seid, was ihr seht, und empfangt, was ihr seid: Christi Leib“ … dieser Tage bliebe ich bei diesem Augustinus-Wort, das am Ende des vorangegangenen Beitrags stand, an der Aufforderung „seht“ hängen. Wir sollen auf die eucharistische Gabe schauen, auf „euer Geheimnis auf dem Tisch des Herrn; euer Geheimnis empfangt ihr“ (Sermo 272). Hier soll es (zunächst) um dieses Sehen, das Hinblicken gehen.

Mir kam die Eucharistische Anbetung in den Sinn. Diese wird seit einigen Jahren wieder intensiver gepflegt, nachdem das frühere Standardangebot („Aussetzung mit sakramentalem Segen“) lange aus den Pfarrbriefen verschwunden war. Diese Renaissance freut aber nicht jeden – mir kommt's jedenfalls bei der Lektüre mancher Artikel und Standpunkte auf kirchlichen Informationsportalen so vor. Wenn nicht bereits deren Verfasser damit spürbar fremdeln, dann spätestens einige Kommentatoren.

Da ist etwa von einem mittelalterlichen Relikt die Rede, welches im Trend seiner Zeit der Individualisierung und Subjektivierung der Frömmigkeit Vorschub geleistet habe. Man verweist zudem darauf, dass die Eucharistie nicht von deren Feier getrennt werden sollte; dass der Herrenleib zur Speise und nicht zu spezieller Verehrung gegeben sei … und dergleichen mehr. In diesem Kontext wird hie und da der – nicht unbedingt positiv konnotierte – Begriff „Schaufrömmigkeit“ ins Spiel gebracht. 

Ich plädiere für mehr Schaufrömmigkeit – im Sinne von Augustinus: „Seid, was ihr seht … Christi Leib“. Der dem Auge auf dem Altar entbotene Herrenleib ist ein Bild der Kirche: Christus in der Mitte, den wir ausstrahlen sollen: Haupt und Glieder. Wir sind die ... nun ja, oft verbeulte und fleckige Monstranz, die Christus der Welt vermittelt: „Ihr werdet meine Zeugen sein“ (Apg 1,8). Der Blick auf den Herrn, die betende Versenkung in seine Gegenwart hilft uns dabei.

Von Romano Guardini sind einige Eindrücke von einer Reise nach Sizilien überliefert. Zweimal besucht er – während der Karwoche – den Dom von Monreale; er berichtet von der Messe zur Ölweihe am Gründonnerstag:

… Der weite Raum war voll Volk. Überall saßen sie auf ihren Stühlen, still, und schauten … Alle lebten im Blick. Da wurde mir klar, was echte liturgische Frömmigkeit voraussetzt: die Fähigkeit, im Bild und Vorgang das Heilige zu erfassen.

Ähnliches bei der Osternachtsfeier am Karsamstag:

... Überall durchformte Gesichter und gelöste Haltung. Kaum einer las, kaum einer betete für sich. Alle schauten. Über vier Stunden währte die heilige Handlung, und immer war lebendiges Dabeisein. Es gibt verschiedene Arten betender Anteilnahme. Die eine geschieht durch Hören, Reden, Handeln; die andere schaut. Jene ist gut, und wir kennen fast keine andere. Aber es ist uns etwas verloren gegangen, was hier noch war: die Fähigkeit, im Blick zu leben: aus Gestalt und Vorgang schauend das Heilige aufzunehmen ... 

Romano Guardini: In Spiegel und Gleichnis. Bilder und Gedanken. Mainz / Paderborn (7)1990. 158 ff.

Im Blick leben. „Seid, was ihr seht, und empfangt, was ihr seid: Christi Leib“ ...

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