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Mittwoch, 27. August 2025

Kirchenraum im Wandel - Einblicke in meine Pfarrkirche (01)

 


Südbaden ist konfessionell ein Flickenteppich. Das Dorf Haslach, 786 urkundlich erwähnt und deutlich älter als die benachbarte Stadt Freiburg, 1890 nach Freiburg jedoch eingemeindet, wurde während der Reformation protestantisch. Der Zuzug katholischer Mitbürger führte aber bereits 1866 zum Bau einer kleinen katholischen Kirche. Mit dem weiteren Wachstum des Stadtteils wurde ein größerer Kirchenbau notwendig: die zwischen 1907 und 1909 errichtete Kirche St. Michael, meine Pfarrkirche. Hier wurde ich getauft, empfing die Erstkommunion, diente als Ministrant, unternahm erste "tastende" Versuche an der Orgel und wurde religiös sozialisiert. Den Kirchturm sehe ich quasi vom Küchenfenster aus und freue mich am Geläut. By the way: Dankbar denke ich an Pfarrer Franz-Josef Ehrat und den damaligen Vikar Hans Scheuermann zurück.




Der Kirchenbau ist eng mit der Person des Stadtpfarrers Carl Wilhelm Kistner (1875-1946) verbunden. Kistner war seit 1899 Pfarrvikar, ab 1903 Pfarrkurat und - mit der Erhebung zur eigenständigen Pfarrei - ab 1915 Pfarrer in Haslach. Der aus dem alten Dorf hervorgegangene junge Stadtteil galt als schwieriges Terrain; die Quartiere wuchsen vor allem durch Arbeiterschaft und kleine Angestellte; Sozialdemokratie und Kommunisten sorgten für den Ruf vom "roten Haslach". Dem setze Kistner nicht nur einen auffallend repräsentativen Kirchenbau entgegen, sondern den Aufbau einer Krankenpflegestation, eines Kindergartens, eines vor allem aus persönlichen Mitteln finanzierten Gemeindesaals ("Carlsbau"), dazu Jugendarbeit und eine von Ordensschwestern geleitete Hauswirtschaftsschule. Auf "bessere Stellen" und Karrieremöglichkeiten verzichtete er ebenso wie auf seine Pensionierung; Kistners Herz schlug für Haslach, bis es mit 71 Jahren während eines Seelsorgebesuchs zu schlagen aufhörte.


Der Innenraum von St. Michael wurde - vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert - mehrfach nach dem herrschenden Zeitgeschmack umgestaltet. Ich sage es vorweg: Glücklich bin ich damit nicht und nie geworden! Das betrifft vor allem die Neugestaltung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (so hatte ich die Kirche als Kind und Jugendlicher erlebt), aber auch eine weitere Umgestaltung durch den Breisacher Künstler Helmut Lutz rund um die Jahrtausendwende (zu all diesen "Modifikationen" mehr in späteren Beiträgen). Mir fällt keine weitere Kirche in Freiburg ein, deren ursprüngliche Optik in ähnlichem Maße fragwürdigen Moden zum Opfer gefallen wäre. Die meisten Darstellungen dieses Beitrags sind übrigens Fotos der in der Kirche derzeit ausgehängten Bilder, weswegen die Qualität zuweilen nicht optimal ist. 

Noch eine Anekdote am Rande: Nachdem ich irgendwann ein Foto des alten Hochaltars gesehen (und das zwischenzeitlich karge Elend bei jedem Gottesdienst vor Augen) hatte, schwärmte ich bei einer Ministrantenfreizeit von der vergangenen Pracht; eine Betreuerin erwiderte darauf lachend: "Du landest mal bei Lefebvre". Damals hatte ich keinen blassen Schimmer, wer oder was das sein soll, aber die Frau lag mit ihrer Prognose nicht falsch (unbenommen der Tatsache, dass ich mich zwischenzeitlich der Petrusbruderschaft verbunden sehe).



Eine kleine Fotoausstellung in der Kirche blickt derzeit auf diese Entwicklungen zurück, dankenswerter Weise initiiert durch, wenn ich das richtig sehe, Pastoralassistentin Barbara Schatz - dankenswert nicht zuletzt, weil Details zur Geschichte dieser Kirche meines Ermessens bislang historisch valide nie aufgearbeitet worden sind; auch der kleine Fotorundgang bleibt mit seinen kurzen Erläuterungen zuweilen etwas im Ungefähren stecken. Genauere Sachverhalte und Hintergründe müssten wahrscheinlich im Erzbischöflichen Archiv recherchiert werden (was eine spannende Sache sein könnte). Die Ausstellung hält immerhin einige Erinnerungen wach und weckt Neugier.

Gesicherte Fakten: St. Michael wurde vom Architekten Raimund Jeblinger (1853-1937) entworfen. Für die Ausmalung zeichnete der Kunstmaler Franz Schilling (1879-1964) verantwortlich (beide arbeiteten bereits beim Bau des Erzbischöflichen Ordinariats zusammen), plastische Arbeiten trug der Bildhauer Joseph Dettlinger (1865-1937) bei. Gebaut wurden zunächst nur etwa zwei Drittel der Kirche (Bild 2 verschafft einen guten Eindruck der Formsprache, derer sich Jeblinger dabei bediente). In den 1950er-Jahren wurde das Gotteshaus um zwei Joche erweitert, wobei die vorhandene Architektur vereinfacht fortgeschrieben und um einen seitlichen Turm ergänzt wurde (Bild 1).


Bemerkenswert ist die Lösung, das Kirchenschiff mit einer apsidialen Struktur abzuschließen, an welche eine Apsidiole anschließt, deren Rundung sich in der Stufenanlage mit Kommunionschranken spiegelt. Das in der Ausdehnung eher kompakte, aber ausreichend große Presbyterium (Bild 4) nahm eine konzentrierende Kreisform an: Spiegel göttlicher Ordnung und Harmonie. Das Volk konnte sich dabei nah um den Altar scharen.

Blickfang war der von Joseph Dettlinger gearbeitete Hochaltar. Über einer steinernen Mensa erhob sich ein Retable mit dem Tabernakel, flankiert von Halbreliefs der vier Evangelisten. Bekrönt wurde es von einer Kopie der den dortigen Lettner dominierenden Kreuzigungsgruppe des Wechselburger Doms. Der gesamte plastische Schmuck war größtenteils vergoldet.

Die Ausmalung von Franz Schilling mit der die vordere Apsis dominierenden Darstellung des Pfingstwunders erscheint in ihrem etwas eklektizistischen Historismus zunächst womöglich überladen. Der Gesamteindruck (Bild 3) wirkt aber meines Dafürhaltens harmonisch, da sich die detailfreudige Ikonographie erst ab der halben Raumhöhe prachtvoll ausspannt, während sie sich in der unteren Hälfte zurücknimmt. Nichtdestotrotz hat man sie - und damit für heute genug - in den 1950er-Jahren mit Ausnahme des Pfingstbildes weiß übermalt - vermutlich im Zusammenhang der Kirchenerweiterung und der Schaffung eines schlichteren Raumbildes; solche Purifizierungen waren damals nicht unüblich (Bild 5) - das Schlimmste kommt aber erst noch ... Fortsetzung folgt ... 


Sonntag, 1. Juli 2018

Über diesen webblog - eine kurze Orientierung

"Die Forderung Johannes' XXIII. nach einem 'Aggiornamento' der katholischen Kirche hat folgenschwere Mißverständnisse ausgelöst. Man hat das Wort mit 'Anpassung' übersetzt und als verspätetes Modernismusprogramm verstanden. Der Papst dachte an eine Christianisierung der modernen Welt durch eine aus ihren Ursprüngen wieder einmal erneuerte Kirche. Wir wissen alle, was statt dessen (...) geschah: die ratenweise Kapitulation vor dem irrationalen Konformitätsdruck der modernen westlichen Zivilisation, vor ihren wesentlichen Denk- und Lebensformen: der wissenschaftlichen Hypothese, dem Funktionalismus, dem Warentausch und dem Experiment".
Robert Spaemann | Einsprüche. Christliche Reden | Einsiedeln 1977 | 7

Grüß Gott!

Sie sind auf dem blog eines "katholischen Traditionalisten" gelandet. Viel Spaß!

Oder sagen wir mal: Als Spaemann seine Einrede zu den Folgen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) formulierte, war ich sieben Jahre alt und saß womöglich gerade im Vorbereitungskurs zur Erstkommunion in meiner Pfarrgemeinde. Nochmals rund sieben Jahre später entdeckte ich die "tridentinische Messe", damals noch in einer dieser halb- bis illegalen underground-Kapellen, in denen jene Meßfeier überlebte, welche zwischenzeitlich als die "außerordentliche Form des römischen Ritus" auch innerhalb der Kirche wieder ihren Platz gefunden hat. Letzteres ist eine gute Entwicklung - was aber nicht darüber hinweg täuschen kann, dass ich andere Entwicklungen innerhalb der katholischen Kirche (zumindest in der westlichen Hemisphäre) sehr kritisch sehe. Das Wort Spaemanns eröffnet diese kurze Orientierung nicht von ungefähr.

Wie ging es weiter? Einige Jahre verbrachte ich auf einem Gymnasium der katholischen Tradition - eine prägende Zeit, auf die ich sehr dankbar zurückblicke. Sie war vielleicht nicht prägend genug (oder aber zu einschnürend?), um mich danach vor einem schleichenden, aber letztlich totalen Absturz in den Geist jener Welt zu bewahren, die nicht die gute Welt der Schöpfung und Ordnung Gottes ist, sondern die Welt einer vermeintlich autonomen Selbstverwirklichung unter Auflösung vieler sittlicher Bindungen. Und - öffnet man einem Abergeist die Tür, bringt der noch sieben andere mit (vgl. Lk 11, 26). Die errungene Freiheit bezahlte ich an jenem Tag, an dem mir mein Leben um die Ohren flog und ein Haufen Scherben übrig blieb. Nach einiger Zeit konnte ich darin einen Fingerzeig Gottes sehen. Seither versuche ich, diese Scherben - mit seiner Hilfe - wieder zusammen zu kitten. Und irgendwann hatte ich den Eindruck, dass mir erst die Krise eine Ahnung von den Herausforderungen des Glaubens und der Not des Vertrauens vermitteln konnte. In jedem Scheitern liegt ein Samenkorn der Gnade. Gestern wie heute.

Aus all den bisherigen Erfahrung habe ich gelernt, dass es - für mich allemal - am besten ist, sich an den Weisungen Gottes in der Interpretation der Kirche zu orientieren und mich zu bemühen, danach zu leben. Natürlich reibe auch ich mich zuweilen an den damit verbundenen Grenzziehungen; meine bewußte Rückbindung an die Kirche ist jedoch, das darf ich versichern, kein spirituelles Stockholm-Syndrom. Was wären denn die Alternativen? Sicher nicht erneut die autonome Freiheit des Individuums, deren Horizont über das Ego selten weiter hinausreicht und deren "Moral" in Form einer Situationsethik verdächtig oft etwas zu sehr auf die eigenen Bedürfnisse abgestimmt ist! Im Gegensatz dazu befreit mich das Dogma von der spießigen Enge fragwürdiger Vorlieben und regt überdies an, den Blick in eine andere Welt zu werfen, die weiter ist, als mein Auge reicht. Es gibt sie.

All das klingt vielleicht etwas vermessen, als würde ich glauben, nach irgendeinem womöglich ohenhin etwas hochgejazzten Knick dank vermeintlich umfänglicher Erfahrung die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben und aller Alltäglichkeit, allen Anfechtungen enthoben zu sein. Dem ist keineswegs so. "Denke daran, bevor du ins gelobte Land einziehst, musst du das Rote Meer und die Wüste durchqueren" sagte einmal der hl. Johannes Bosco. Ich bin auf dem Weg. Manchmal verlaufe ich mich. Damit sei genug von mir erzählt; ich habe meinen Platz im kath'holon der Kirche, und diese ist weit genug, dass der eine so und der andere anders tickt: ein gemeinsames Haus, viele verschiedene Bewohner (Gott sei Dank!).

Von all dem und manch anderem soll diese Seite erzählen  - und zwar in einer Gestalt, die etwas stringenter geraten soll, als dies bei meiner bisherigen Bloggerei der Fall war. Es geht mir dabei nicht in erster Linie um beständige Konfrontation von Glaube und Zeitgeist; dazu fehlen mir Zeit, Muse und wohl auch eine gewisse intellektuelle Brillanz, von den Nerven ganz zu schweigen. Ohnehin wendet sich Pro Spe Salutis eher an bereits katholische Leser. Wer aus anderen Traditionen, Richtungen und Weltanschauungen hier vorbeischaut, sehe sich aber herzlich Willkommen!
  • Ich will natürlich den bezeugen, dem ich glaube und vertraue.
  • Mir geht es ferner einerseits um die Betonung einer katholischen Haltung zur Welt, die uns im Guten wie im Bösen umgibt und in der wir uns bewegen, und um katholische Lebenswerte, die längst nicht so verschmockt sind, wie oft angenommen. Dass sie gerade auch in den Kreisen der katholischen Tradition manchmal wie sauer Bier angeboten werden, steht freilich auf einem anderen Blatt, und auch auf diese katholische "Traditionsszene" soll ab und an ein kritischer Blick geworden werden. 
  • Geistliche Überlegungen, oft mit liturgischem Hintergrund, werden auch mit dabei sein; hierbei werden Leser, die diese Seite in ihrer vorherigen Form kennen, natürlich mit Odo Casel OSB - mystagogus mihi et pater - auf einen alten Bekannten treffen. 
  • Ein weiteres Anliegen sind mir die katholischen Literaten des 20. Jahrhunderts, zum Beispiel Reinhold Schneider, Gertrud von Le Fort, Ida Friederike Görres, Georges Bernanos oder auch, ins Priesterliche gewendet, Romano Guardini. Während deren Zeitgenossen aus der angelsächsischen Welt (etwa Chesterton) unter konservativen Katholiken derzeit eine - wenngleich überschaubare - Renaissance erleben, drohen die einstmals vielgelesenen und vieldiskutierten Erstgenannten im Vergessen zu verschwinden. Dem will ich ein wenig entgegen steuern. 
  • Und generell schreibe ich gerne über das, was ich selbst gerade lese: so sind auch Buchbesprechungen beabsichtigt. 
Das ist Programm genug; was sich am Ende realisieren lässt, wird sich erst noch zeigen müssen:
Gott befohlen!