| Madeleine Delbrêl (1904-1964), die ein Leben aus katholischer Aktion in der vom Kommunismus geprägten französischen Industriestadt Ivry und aus mystischer Versenkung führte und die durch Papst Franziskus im Rahmen einer möglichen Seligsprechung vor rund zwei Jahren zu einer "ehrwürdigen Dienerin Gottes" erklärt wurde, schrieb einmal ...
... "die wahre Liebe zu Gott" müsse "in einer wesentlichen Zone unserer selbst menschliche Einsamkeit sein oder es werden". Und sie glaube, "dass Gott diese Einsamkeit braucht, um in die Welt zu gelangen und in ihr zu wirken". Mehr noch! Diese Einsamkeit "scheint mir ein Sakrament für die Welt zu sein. Sie ist einer der tiefsten Risse, die dem Herrn und seiner Erlösung erlauben, durch uns hindurch in die Welt einzudringen. So sehe ich schon lange die Ehelosigkeit und alle anderen Arten der Einsamkeit ...".
Die Einsamkeit, von der hier die Rede ist, meint meines Ermessens den Moment, in dem der Mensch ganz auf Gott hin und darum bei sich selbst und frei von aller Ablenkung ist. "Seine großen Begegnungen mit Gott", so Delbrêl, "hat der Mensch allein". Und: "Einkehr halten besteht im Willen, uns allein von Gott rufen zu lassen".
Einsamkeit als Horizont der Gottesliebe, als Rahmen des göttlichen Wirkens, als Sakrament für die Welt, aber auch (und gerade darum) als "Riss" in diese Welt hinein, derer auch der
so Einsame letztlich selbst zugehörig ist, ein Riss also, welcher den
so Einsamen nicht unberührt und - sei es angesichts der Erschütterung durch Gott, oder auch in der Anfechtung - nicht unverstört, nicht unverletzt lassen mag; eine Einsamkeit, die sich für Delbrêl konkret auch in der Ehelosigkeit manifestiert:
Vielleicht kann es in der Auseinandersetzung dieser Tage helfen, den priesterlichen Zölibat immer wieder in diesem Licht zu betrachten. Ja: Der Priester muss einsam sein. Doch er soll in der Fülle jener Einsamkeit leben, die aus Gott kommt, die zu ihm führt und die die Gnade birgt, Gott zu den Menschen zu bringen.
¶ Zitate aus: Madeleine Delbrêl | Die Liebe ist unteilbar | Einsiedeln / Freiburg (2) 2002 | S. 91.