Sonntag, 8. August 2021

Die "Messe aller Zeiten"? Eine Anmerkung

 In den vergangenen Wochen macht das Schlagwort von der "Messe aller Zeiten" wieder öfter die Runde - leider. Denn die "Messe aller Zeiten" ist ebenso wenig jener Ritus, der - als Ergebnis einer über Jahrhunderte verlaufenden Entwicklung - im Nachgang des Trienter Konzils kodifiziert wurde, wie jener andere, der auf das Zweite Vatikanische Konzil folgte. 

Die "Messe aller Zeiten" ist die himmlische Liturgie, von der uns Johannes in den Kapiteln 4 und 5 der Offenbarung einen Eindruck zu vermitteln versucht - wie so oft im letzten Buch der Schrift entlang der Grenze des Sagbaren. Was immer er geschaut haben mag - Bilder des Erhabenen und Heiligen scheinen dem Seher von Patmos das Nächstliegende, um die Vision ins Wort zu bringen.

Alle "irdische" Liturgie muss Echo der himmlischen sein (daraus lebt übrigens das liturgische Erbe der West- und der Ostkirche). Von daher ist gewiss die Frage berechtigt, ob und wie weit ein Ritus geeignet ist, um in dieser Zeit als Echokammer der himmlischen Liturgie: der "Messe aller Zeiten", der ewigen Eucharistie zu dienen. 

Dienstag, 21. Juli 2020

Der sensus fidelium - eine Anmerkung zum sogenannten "Glaubenssinn des Gottesvolkes"

→ Auf den sensus fidelium kann sich nur berufen, wer die Schar der Gläubigen im Blick hat, welche mit der Lehre der Kirche übereinstimmen und die sich entsprechend durch ein sentire cum ecclesia auszeichnen. Die Übersetzung "Glaubenssinn des Gottesvolkes" ist nicht nur schwammig, sondern öffnet einem falschen Verständnis Tür und Tor.

| An die Kirche adressierte progressive Reformforderungen werden nicht selten mit dem Hinweis auf den sensus fidelium vorgetragen: Man spricht dann gerne vom “Glaubenssinn des Gottesvolkes”, in dem sich jene Forderungen auf breiter Basis latent und (oder) leiser formulieren würden, die ansonsten von pressure groups und Funktionskasten lautstark, aber minderheitlich artikuliert werden.

Die Abklärung, welchen Stellenwert der sensus fidelium im Glaubensvollzug der Kirche einnimmt, ist an dieser Stelle ebenso wenig relevant wie die Frage, inwieweit - die Gesamtkirche im Blick - dieser sensus für progressive Forderungen unzulässig vereinnahmt und somit missbraucht wird.

Ehe man sich in diese Themen hinein kniet, lohnt es nämlich zunächst, den Blick auf die Übersetzung “Glaubenssinn des Gottesvolkes” zu wenden - eine recht ornamentale Variante des Wortes vom sensus fidelium - das man weit kürzer und wortgetreuer als “Gesinnung der Gläubigen” (oder meinethalben auch “Sachverstand der Gläubigen”) übersetzen könnte. 

An dieser Stelle schon einmal der Hinweis: Wenn bei Aufruf des sensus fidelium im Rahmen kirchlicher Vollzüge von “Gläubigen” die Rede ist, dann können damit - innerer Logik folgend - nur “Gläubige” im Sinne der Kirche gemeint sein. Das heißt: Menschen, die den Glauben der Kirche teilen (und zwar in seiner Gesamtheit und in der Art, wie die Kirche etwas - wie es weiland der Katechismus formulierte - “zu glauben vorstellt”). 

Es sollte sich in diesem Zusammenhang erübrigen, muss in unseren Zeiten aber dennoch betont werden, dass der Glaube der Kirche nicht gegen einen irgend gearteten “persönlichen” Glauben des Individuums oder gegen “oppositionelle” Glaubensauffassungen ausgespielt werden kann. Der sensus fidelium speist sich aus dem gemeinsamen Glauben, den die Kirche verbürgt, auf dessen Boden die Gläubigen stehen und aus dem sie leben. Dem sensus fidelium entspricht als Haltung das sprichwörtliche sentire cum ecclesia: die “gleiche Gesinnung wie die Kirche haben”, “mit der Kirche übereinstimmen” (sensus ist nicht von ungefähr eine partizipiale Ableitung von sentire).

Ob sich das gros der Progressiven, die geflissentlich Ihre Reformforderungen anbringen, in diesem Rahmen bewegt, darf mit einem dicken Fragezeichen versehen werden.

Die ahnen das womöglich selbst - denn die Rede vom “Glaubenssinn des Gottesvolkes” ist als Übersetzung nicht nur ornamental aufgeblasen, sondern geradezu eine Nebelkerze. Der Teufel steckt en detail.

Zunächst: Anstelle von “Gläubigen” ist von “Gottesvolk” die Rede. Das klingt fromm und biblisch, lässt die erforderliche Rückbindung an die “Gläubigkeit” aber in den Hintergrund treten: unter Gottesvolk können auch alle Getauften verstanden werden, ohne deren konkrete Bindung an die Kirche und deren Lehrinhalte näher thematisieren zu müssen. Der Begriff "Gottesvolk" ist mithin weit weniger spezifisch und inhaltlich qualifiziert als der Begriff "Gläubige" - was schließlich heißt: Menschen, die glauben - oder, wie bereits gesagt: Menschen, die gemeinschaftlich den Glauben der Kirche teilen.

Dann: Die mit dem Begriff der “Gläubigen” verknüpfte Glaubensäußerung wird zum Sinnbegriff transferiert, wird zum “Glaubenssinn” - das bedeutet: Der Glaube wird von einer Voraussetzung für das entsprechende "Sinnen" (bzw. den "Sinn", die "Gesinnung", den "Sachverstand") zu einer Konsequenz, in der sich die Haltung eines nicht näher qualifizierten “Gottesvolkes” artikuliert.

Auf der Basis dieser Sprachregelung lässt sich nunmehr der “Glaubenssinn” besagten “Gottesvolkes” auch gegen die Lehre der Kirche positionieren, sofern erforderlich und ... wie in unseren Breiten allenthalben zu sehen und zu hören.

Freitag, 17. Juli 2020

Die Macht der Gewöhnung - was macht sie mit uns?

| Wann haben wir eigentlich damit angefangen, es als völlig normal zu empfinden, dass - kirchensteuerfinanziert, noch trieft der Topf schließlich - sog. "katholische" Medienseiten in beinahe täglicher Taktung gegen zentrale Lehren der Kirche zu Themen wie Ehe, Priestertum, Eucharistie u.a. schießen?

Gewiss - wir regen uns darüber auf; wir teilen die Beiträge nicht direkt auf fcbk oder Twitter, sondern verwenden screenshots oder spiegeln hanebüchene Artikel, um die entsprechenden Medien nicht durch Klicks weiter zu hypen; wir üben uns in eifriger Einigkeit, dass das "inoffizielle Medienportal der deutschen Bischofskonferenz" (oder wie immer man die Namensnennung zu vermeiden trachtet) und anverwandte Angebote schon wieder ins Klo gegriffen haben (so wie heute bereits vorvorvor-, vorvor-, vorgestern und gestern und erwartbar morgen usf.); wir kichern uns ein "haeretisch.de" in die Hand; sehen bestätigt, was wir ja schon immer wussten; suhlen uns im neuesten (eigentlich ist es zu 90 Prozent derselbe, nur jeweils wieder aufgebrüht) Medien-Muckefuckconcinationem nostram da nobis hodie!

Die Frage kann man nicht deutlich genug in die Runde werfen, also nochmal: Wann haben wir eigentlich damit angefangen, diese fortgesetzte Unterwanderung, Leugnung, Pervertierung von Glaubensinhalten als völlig normal zu empfinden?

Von gewissen "katholischen" Verbänden und "Vertretungen" ganz zu schweigen ...